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Vorsteuerabzug: EuGH erlaubt rückwirkende Rechnungskorrektur (Update)

Dr. Roger Gothmann
Dr. Roger Gothmann
  • 5 min. Lesezeit
Vorsteuerabzug: EuGH erlaubt rückwirkende Rechnungskorrektur (Update)

Das oberste europäische Gericht, der Europäische Gerichtshof (EuGH), hat mit Urteil vom 15. September 2016 (Rechtssache C-518/14) entschieden, dass eine rückwirkende Rechnungskorrektur zulässig ist.

Warum ist dieses Urteil wichtig für euch?

Rechnungspflichtangaben

Wir haben euch bereits gezeigt, dass Rechnungen, mit denen ihr über Dienstleistungen oder Warenlieferungen abrechnet, bestimmte Pflichtangaben enthalten müssen (hier klicken). Ihr müsst allerdings nicht nur darauf achten, dass Rechnungen an eure Kunden diese Angaben enthalten. Fast noch wichtiger ist es, auch laufend die Rechnungspflichtangaben eurer Eingangsrechnungen zu überwachen. Warum?

Eingangsleistungen und Vorsteuerabzug

Erbringt ihr selber umsatzsteuerpflichtige Leistungen, könnt ihr die Umsatzsteuer aus den Rechnungen eurer Lieferanten oder Dienstleister als Vorsteuer geltend machen. Das bedeutet, dass das Finanzamt euch diese Umsatzsteuer (Vorsteuer) erstattet. Dahinter steht der Grundsatz, dass die Umsatzsteuer erst den Endverbrauch und nicht bereits die Wertschöpfung auf Unternehmensebene besteuern soll.

Der sogenannte Vorsteuerabzug ist allerdings erst dann zulässig, wenn eine der beiden Konstellationen vorliegt:

  • Ihr habt eine ordnungsgemäße Rechnung über eure Eingangsleistung und diese Leistung wurde tatsächlich ausgeführt, oder
  • ihr habt eine ordnungsgemäße Rechnung über eure Eingangsleistung und diese wurde bereits von euch bezahlt, obwohl sie noch nicht ausgeführt wurde.

Der Vorsteuerabzug ist also frühestens in dem Monat oder Quartal (Voranmeldungszeitraum) zulässig, in dem eine der beiden Konstellationen vorliegt.

Ordnungsgemäße Rechnung – Prüfungsschwerpunkt der Finanzämter

Wie unschwer zu erkennen ist, ist das Vorliegen einer ordnungsgemäßen Rechnung für den Vorsteuerabzug unbedingt erforderlich. In den folgenden Fällen können falsche oder fehlende Rechnungspflichtangaben zu hohen finanziellen Risiken führen.

Hohe Vorsteuerbeträge

Es ist möglich, dass euer Finanzamt von euch die Einreichung von Eingangsrechnungen verlangt, wenn ihr im Rahmen eurer Umsatzsteuer-Voranmeldungen hohe Vorsteuerbeträge geltend macht. Sind die Rechnungspflichtangaben dann nicht vollständig, erhaltet ihr die Vorsteuer nicht ausgezahlt.

Betriebsprüfung oder Umsatzsteuer-Sonderprüfung

Kommt es zu einer Betriebsprüfung oder Umsatzsteuer-Sonderprüfung stellen eure Eingangsrechnungen und der damit verbundene Vorsteuerabzug fast immer einen Prüfungsschwerpunkt dar. Das ist nicht verwunderlich, denn Mängel in den Rechnungspflichtangaben kommen in der Praxis sehr häufig vor. Findet der Prüfer einen solchen Fehler, wird er euch den Vorsteuerabzug rückwirkend versagen. Das kann im Rahmen einer Prüfung doppelt teuer werden. Ihr müsst zunächst die Vorsteuer an das Finanzamt zurückzahlen. Zusätzlich werden Zinsen fällig. Diese betragen 6 Prozent pro Jahr, in dem ihr die Vorsteuer aus der Sicht des Finanzamtes zu Unrecht erstattet bekommen habt. Da Prüfungen oftmals erst viele Jahre nachträglich stattfinden, können sich somit hohe Nachforderungen des Finanzamtes ansammeln.

Meistens liegt der Fehler in diesen Fällen bei euren Lieferanten oder Dienstleistern, da sie die für euch wichtigen Eingangsrechnungen ausstellen. Die Frage in dem eingangs genannten EuGH-Urteil war, ob bei falschen Rechnungspflichtangaben eine Korrektur durch den Aussteller erfolgen kann, so dass diese Korrektur rückwirkend gilt – und dann insbesondere keine Zinszahlungen anfallen. Die deutsche Finanzverwaltung war bislang nicht dieser Ansicht.

Urteil des EuGH

Der EuGH hat nun zugunsten der Unternehmer entschieden (Rechtssache C-518/14, siehe Textziffer 43). Eine rückwirkende Korrektur der Rechnung ist zulässig. Solltet ihr schon einmal Zinsen wegen falscher oder fehlender Rechnungspflichtangaben gezahlt haben, könnt ihr diese mit Verweis auf das Urteil unter bestimmten Voraussetzungen zurückfordern. Die Kenntnis dieses Urteils erspart euch im Zweifel hohe Zinszahlungen und viel Ärger.

Update: Ergänzung durch den BFH

Das oberste deutsche Finanzgericht, der Bundesfinanzhof (BFH), hat in seiner Folgeentscheidung (BFH vom 20.10.2016, V R 26/15), welche am 21.12.2016 veröffentlicht worden ist, seine bisherige restriktive Auffassung ebenfalls verworfen und schließt sich dem oben genannten EuGH-Urteil an.

Allerdings, und das ist wichtig, stellt der BFH klar, dass für eine rückwirkende Rechnungskorrektur im Vorfeld eine sogenannte Rumpfrechnung mit entsprechenden Mindestangaben vorgelegen haben muss. Diesen Punkt hatte der EuGH in seinem Urteil offengelassen. Diese Mindestangaben sind nach der Auffassung des BFH:

  • Rechnungsaussteller,
  • Leistungsempfänger,
  • Leistungsbeschreibung,
  • Entgelt und
  • gesondert ausgewiesener Steuerbetrag.

Liegen diese Mindestangaben nicht vor, ist eine rückwirkende Rechnungskorrektur nach der Auffassung des BFH nicht möglich.

Das erscheint nachvollziehbar. Eine Rechnung kann nur rückwirkend korrigiert werden, wenn damals schon ein Dokument vorlag, welches nun im Nachgang berichtigt wird (Rumpfrechnung).

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