Gastbeitrag: Bye-bye Britannia – Was ihr als Onlinehändler wissen müsst, um ab 2021 Zollprobleme zu vermeiden

Seit Februar 2020 ist das Vereinigte Königreich ein sog. Drittland. In der derzeitigen Übergangsphase gilt das europäische Zollrecht für Warenimporte von und in die UK weiter. Worauf es zu achten gilt, um als Onlinehändler ab 2021 Zollprobleme zu vermeiden, erklärt euch unser Partner Zollcoaching.
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Gastbeitrag: Bye-bye Britannia –
Was ihr als Onlinehändler wissen müsst, um ab 2021 Zollprobleme zu vermeiden

Für viele Onlinehändler ist Großbritannien einer der wichtigsten und größten Auslandsmärkte. Seit dem 01. Februar 2020 ist GB ein sog. Drittland. Derzeit befinden wir uns in einer Übergangsphase, die am 31.12.2020 um 24:00 Uhr MEZ enden wird. Auch für Händler, die im Rahmen des Pan-EU-Programms von Amazon ihre Produkte u.a. nach Großbritannien verbringen lassen und dort in Fulfillment-Centern einlagern, ändert sich bis zum 31.12.2020 nichts. Ab dem 01.01.2021 allerdings wird GB aus umsatzsteuerlicher und zollrechtlicher Sicht ein Drittstaat. Unsere Partnerin Francine Dammholz ist ehemalige Zöllnerin und Gründerin von Zollcoaching und berichtet im Folgenden, wie sie die Anfänge des Brexits erlebt hat und was ihr als Unternehmer wissen müsst, um ab 2021 Zollprobleme zu vermeiden.

Brexit und wie alles begann…

Ich erinnere mich deutlich an diesen Moment. Es ist Mitte März 2019 an irgendeinem deutschen Zollamt. Personalstark wie noch nie rüstet sich die deutsche Zollverwaltung für den Brexit. Ich, damals als Zöllnerin noch mitten drin. Seit Wochen sind wir angespannt: Wie viele Zollanmeldungen pro Minute können wir schaffen? Wir rechnen hoch wie wild und haben doch keine Ahnung, was uns erwartet.

Und dann der 21. März 2019: Die übrigen EU-Staaten stimmen einer Verschiebung des britischen Austritts zu. „Und jetzt?“, frage ich meine Kollegen, als ich die Nachricht erfahre. Es dauert nicht lange, da klingelt das Telefon Sturm – Unternehmer und Händler rufen an, sie klingen panisch: „Was sollen wir jetzt tun, Frau Dammholz? Wie geht es jetzt weiter?“

Das war vor über 1,5 Jahren. Vieles hat sich seither getan. Die Chronik des Brexits füllt mittlerweile ganze Bücher und ich berate mittlerweile Unternehmen und arbeite nicht mehr für den Zoll.

Egal ob ein Handelsabkommen mit UK vereinbart wird oder nicht, ab dem 01.01. 2021 werden viele bürokratische Hürden auf euer Unternehmen zukommen.

Wenn ihr Waren aus UK auf dem europäischen Markt verkauft, werdet ihr ein Importeur. Ihr müsst von nun an Zollanmeldungen abgeben und weitere Zollformalitäten erfüllen. Habt ihr bisher Waren in die UK geliefert, werdet ihr von nun an ein Exporteur und müsst Ausfuhranmeldungen abgeben und auch hier weitere Zollformalitäten erfüllen.

Wie ihr euch bestmöglich auf den Brexit vorbereitet

1) Eine EORI- Nummer beantragen

Die EORI-Nummer (Economic Operators’ Registration and Identification) ist eine in der Europäischen Union von den zuständigen Behörden vergebene einzige Nummer, die zur Identifizierung von Wirtschaftsbeteiligten und gegebenenfalls anderen Personen gegenüber den Zollbehörden dient. Die EORI-Nummer wird auf Antrag kostenlos von der Generalzolldirektion vergeben.

2) Die Zolltarifnummer bestimmen

Jedes Produkt im grenzüberschreitenden Warenverkehr benötigt eine Zolltarifnummer. Sie wird auch HS-Code, Warentarifnummer oder Codenummer genannt. Von dieser Ziffernfolge hängen unter anderem der zu zahlende Zollbetrag sowie auch weitere Einfuhr-/Ausfuhrbeschränkungen, wie z.B. das Erfordernis einer Lizenz ab. Die richtige Zolltarifnummer bildet also die Basis für einen reibungslosen Warenimport/-export und jede korrekte Handelskalkulation. In der Praxis kommt es jedoch nicht selten vor, dass viele Unternehmen unwissentlich jahrelang falsche Zolltarifnummern anwenden. Das ist absolut verständlich, denn das Zolltarifrecht ist sehr komplex und voller undurchsichtiger Regularien. Das offizielle Tool des Zolls hierfür ist der EZT-Online.

3) Das richtige Zollverfahren wählen und abwickeln

Wichtig ist, ein für eure Zwecke passendes Zollverfahren zu wählen. In den meisten Fällen werdet ihr euer Produkt direkt verkaufen wollen. Dann sollte eine Überführung in den freien Verkehr beantragt werden. Bei der Abgabe der Zollanmeldung könnt ihr euch vertreten lassen, beispielsweise durch einen Zollagenten, einen Spediteur oder einen Kurierdienst.

Womit ist noch zu rechnen?

Mehr Kontrollen und langwierigere Lieferketten

Selbst wenn ein Freihandelsabkommen mit 0 % Zöllen doch noch vereinbart wird, unterliegen Importe und Exporte zwischen UK und der EU von nun an Konformitätsprüfungen und auch Kontrollen der Einfuhren aus Sicherheits-, Gesundheits- und anderen Gründen der öffentlichen Ordnung.

Habt ihr bereits längere Lieferketten aufgrund von einzuholenden Formalitäten und Kontrollen in eurer Supply Chain eingeplant?

UK EORI-Nummer und Zollbewilligungen werden ungültig

UK EORI-Nummern sind nicht mehr in der Europäischen Union gültig. Eine EORI-Nummer wird jedoch benötigt, um überhaupt eine Zollanmeldung abgeben zu können.

Zollrechtliche Bewilligungen, die von britischen Zollbehörden ausgestellt wurden, sind in der EU nicht mehr gültig. Es sei denn ein Unternehmen mit UK EORI-Nummer hat ebenso eine Niederlassung in der EU. Dann kann beantragt werden, dass die Bewilligung auf die europäische EORI-Nummer umgestellt wird.

Auch hier gilt: so schnell wie möglich agieren, denn die Mühlen der Bürokratie mahlen oft sehr langsam.

Änderung bei Nutzung von Handelsabkommen

Die EU unterhält mit einer Vielzahl von Ländern Handelsabkommen. Erfüllt eine Ware die Anforderungen des jeweiligen Abkommens, brauchen beim Import keine oder nur geringe Zölle gezahlt werden. Ab dem 1. Januar 2021 müssen Unternehmen den Ursprungsstatus von Waren nachweisen, um in den Genuss eines möglichen künftigen EU-UK-Handelsabkommens zu kommen. Können sie dies nicht, gelten normale Drittlandszölle trotz Bestehens eines eventuellen Handelsabkommens.

Mit Ende der Übergangsphase gelten Materialien aus der UK, die beispielsweise in der EU weiterverarbeitet werden, als Waren ohne Ursprungseigenschaft der EU.

Das hat weitreichende Konsequenzen. Wird das UK-Material zum Beispiel in der EU in einer Maschine verbaut und anschließend in die Schweiz exportiert, kommt es maßgeblich auf die verwendeten Vormaterialien der Maschine an. Davon ist abhängig, ob die Ware letztlich unter das Handelsabkommen EU-Schweiz fällt und keine Zölle zu zahlen sind, oder eben nicht.

Fazit: Niemand weiß zum jetzigen Zeitpunkt, ob ein Handelsabkommen doch noch zustandekommen wird oder nicht. Davon unabhängig ist jedoch eines ganz gewiss: Ab 2021 werden eine Fülle bürokratischer Hindernisse auf Unternehmen mit internationalem Warenhandel zukommen. Persönlich halte ich ein anfängliches Zollchaos deshalb für sehr wahrscheinlich. Ein freier Warenverkehr mit UK gehört ab 2021 damit leider der Vergangenheit an.

Was könnt ihr jetzt machen?

Vermutlich habt ihr jetzt viele Fragen und seid unsicher, was das konkret für euer Unternehmen bedeutet. Vereinbart deshalb jetzt euer unverbindliches Beratungsgespräch, indem ihr auf diesen Link klickt. In einem persönlichen Analysegespräch besprechen wir dann eure individuellen Zollfragen und aktuellen Herausforderungen gemeinsam.

Über die Autorin

Francine ist Wirtschaftsjuristin, ehemalige Zöllnerin und bundesweite Expertin rund um das Thema Warenimporte. Ihre Mission ist es, ansonsten hervorragend aufgestellten Unternehmen dabei zu helfen, unwissentlich viel Geld beim Warenimport zu verbrennen und sich Haftungsrisiken auszusetzen, die ihnen gar nicht bewusst sind. Aus diesem Grund gründete sie ihr Unternehmen Zollcoaching.

Francine Dammholz, Gründerin von Zollcoaching

Francine Dammholz

Diplom Finanzwirtin/ Wirtschaftsjuristin LL.M / Geschäftsführerin

Telefon: 0251/9811565320
E-Mail: dammholz@zollcoaching.de
Internet: www.zollcoaching.de

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